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    Deutsches Stuten-Derby: Michel Rothengatter zum Zweiten

    Speedrise Lady S triumphiert in dem Marion Jauß gewidmeten Klassiker mit dem  kraftvollsten Durchzug – Trostlauf: South Carolina AS obenauf – Super Trot Cup: Call me Gleipner durch die Todesspur – Sahara Firebird erneut eine Augenweide

    (MW)  „Es ist vollbracht!“ strahlte ein freudetrunkener Michel Rothengatter zur besten Kaffeezeit um kurz vor halb fünf Uhr mit der Sonne um die Wette. Die 36. Auflage des in Erinnerung an Marion Jauß gelaufenen Stuten-Derbys wurde eine bombensichere Beute der großen Favoritin Speedrise Lady S, die ihrem Namen alle Ehre machte und ihren einen Kilometer langen Marsch durch die dritte Spur eisern und bravourös durchstand. „Es lief ein wenig anders als erwartet. Weil ich in der höllisch schnellen Anfangsphase nicht auf Gedeih und Verderb mitfahren wollte, waren wir plötzlich ziemlich weit hinten“, gestand der baumlange Holländer. Doch es lief anschließend insofern gut für ihn, weil es in atemberaubendem Tempo weiterging und sich die Gegner die Köpfe einfuhren: Nightlife Greenwood war in Front lange kaum zu bremsen. An ihr biss sich die zweite Favoritin Naikey mit dem deutschen „Michel“ Michael Nimczyk die Zähne aus und sprang eine Runde vor Schluss. Deren Trainingsgefährtin Cosmea rieb sich anschließend ein wenig in der Außenspur auf, und auch „Nimczyk Nummer drei“ Croisette hatte nach überwiegend verdecktem Rennen in der Entscheidung wenig zu bieten und landete bei der ersten Saisonniederlage nur auf Platz acht.

    Ganz anders die Lady aus dem kleinen niederländischen Küstenort Callantsoog. Speedrise Lady S lief trotz erheblicher Meter mehr immer weiter, nahm sich an der letzten Ecke Nightlife Greenwood und Cosmea gehörig zur Brust und stiefelte einem ausdrucksvollen Sieg - dem siebenten ihrer 16 Starts umfassenden Karriere - entgegen, an dem auch die aus dem hinteren Nirgendwo auftauchenden Habibii und Exmes As kein Stück zu rütteln vermochten. „Sie ist die wohl beste Stute, die ich je trainiert habe. Man muss behutsam mit ihr umgehen, denn sie sieht alles und wird manchmal sehr zappelig. Doch ihr Laufvermögen ist ungeheuer. Im letzten Bogen hatte ich noch volle Hände und wusste, dass wir das Ding nach Hause schaukeln würden.“

    Einmal mehr zeigte sich, dass man auf der Derby-Auktion tolle Pferde ersteigern kann, auch wenn die von Patrick Maleitzke gezüchtete speedige Lady mit 70.000 Euro kein Schnäppchen war. Mit dem heutigen Coup ist sie bei Gewinnen von 109.362 Euro angekommen und als Tochter des US-amerikanischen Spitzenvererbers Walner eine Perle für die Zucht. „Der Stall Dragon Trotters um Tjalco de Witte wollte sie auch aus diesem Gund unbedingt haben und schickte Pferdeagent Jack de Jong in die Auktionsspur“, wusste Holland-Experte Hans Sinnige bem Sieger-Ballyhoo zu berichten, und Rothengatter ergänzte: „Ich hatte vorher noch nie ein Pferd dieses Besitzers in Training. Plötzlich kam die Anfrage.“ Für den 35jährigen, in dem immer auch ein Stück seines Lehrherrn und Freundes Peter Strooper steckt, der das Stuten-Derby 2002 mit Weltblut gewonnen hat, war’s nach Lumumba 2021 der zweite Eintrag ins Ehrenbuch dieses Rennens, das 1964 als Arthur-Knauer-Rennen ins Leben gerufen worden ist.

    Vorlauf-Schlappe locker weggebügelt

    Wer es vor 14 Tagen nicht ins große Finale geschafft hatte, durfte sich im sogenannten Finale B trösten. Sieben wagten es, und das dickste Trostpflaster holte sich Michael Nimczyk mit South Carolina AS, die im Vorlauf mit Robbin Bot unvermittelt gesprungen war. Es wurde ein lockerer Samstagnachmittagspaziergang für die 16:10-Favoritin, die 1.300 Meter vor Schluss das Kommando von Trainingskameradin Eiskönigin überreicht bekam und damit das Gröbste erledigt hatte. Den Feinschliff gab’s eine Runde später, wobei der gut gemeinte Angriff Madeleine Flevos im wahrsten Sinn im Sande verlief und der Vorlauf-Lapsus grundlegend gerade gerückt wurde.

    Eisenharter Call Me Gleipner im Super Trot Cup

    Alles, was ein Traberherz begehrt, bot das Finale des Super Trot Cup: Ein volles Feld mit 15 etwas älteren Recken, die sich in fünf Vorläufen quer durch Europa hatten qualifizieren müssen. Ein 2.500-Meter-Bilderbuchstart zuschauerwirksam auf der Tribünengeraden, den einzig Blind Date völlig verpatzte. Zwei Runden lang Positionskämpfe, Überraschungsangriffe en masse und, weil er über den gesamten Weg die Nase in den äußeren Fahrtwind hielt, ein überaus würdiger Sieger, dem die „13“ Glück brachte. Die 35.000 Euro für den Sieg hat sich der Schwede Call Me Gleipner, Dritter der Jägersro-Qualifikation, mit wahrer Knochenarbeit redlich verdient. Wie ein Geschoss schnappte sich Kosmos Renka mit Titelverteidiger Jaap van Rijn gegen Berlins Vorlauf-Sieger Purple Rain das Kommando.

    Schon da war der aus der zweiten Startreihe blendend weggekommene Call Me Gleipner in seiner unmittelbaren Nähe und blieb dort auch, nachdem der wuchtig über Spur drei heran stürmende Max Occagnes sich nach einer Runde auf den Regiestuhl pflanzte. Ab 500 Meter vorm Pfosten wurde weit außen Lozano Boko immer prominenter und war eingangs der Zielgeraden knapp an Call Me Gleipner vorbei. „Ich hatte die Watte noch nicht gezogen“, bekannte Peter Untersteiner im Nachgang. Kaum hatte er seinen Vierjährigen von der Ohrenwatte befreit, ging ein ordentlicher Ruck durch ihn, so dass er Lozano Boko noch sehr leicht abfertigte; der Schwede aus Österreich musste wie 2023 mit dem Ehrenplatz vorliebnehmen, der in dieser Truppe wirklich aller Ehren wert war. Max Occagnes hielt Platz drei vor den spurtstarken Jaguar v Assum und Tyron Hill fest, wogegen der lange völlig eingekesselte Vorjahrsdritte Purple Rain als Sechster „Bester ohne Geld“ war.

    Gottlieb-Jauß-Memorial für Lozano

    Fast ein gemachtes Bett vor fand im an den am 12. Juli 1999 tödlich verunglückten 16fachen Berliner Champion erinnernden Gottlieb-Jauß-Memorial der Vincennes-gestählte Lozano, der vor 14 Tagen im Finale der Silberserie mit einem vorzüglichen dritten Platz geglänzt hatte. Robbin Bot ließ zu Beginn einige Vorsicht bei dem manchmal etwas kitzligen Wallach walten. Als der richtig in Tritt war, legte er den Hebel auf volle Fahrt voraus um und löste eine Runde vor Schluss Waldgeist in der Führung ab. Ganz war es das noch nicht, denn Michael Nimczyk erwies sich mit dem Dauerzweiten Waldgeist als hartnäckiger Widerpart, der die Nase schon kurz in Front steckte, dann aber klassisch um eine halbe Länge ausgekontert wurde. Casino Royale als Dritter machte den Volkseinlauf zum Abschreiben von der Quotentafel komplett.

    Der Feuervogel schwebt davon

    Ein sanftes Ruhekissen bescherte im ersten Lauf der V7+-Wette Sahara Firebird ihrem bei 12:10 riesigen Anhang. Dort, wo die vierjährigen Derby-Stuten heute sind, wollen die zwölf 2021 geborenen Ladys hin, die sich im Halbfinale des Dreijährigen-Kriteriums um 15.000 Euro stritten. Es war die nächste leichte Übung für Michael Nimczyks Schwarzbraune, die auch bei der fünften Ausfahrt keine Bezwingerin fand, ja nicht mal echte Opposition zu brechen hatte. Lediglich die Lasbekerin Uranja hatte von der „3“ den schnelleren Antritt, doch schon ausgangs der ersten Kurve bat die Favoritin zur Ablösung. Einmal vorn, schnurrte sie ihr Pensum herunter wie ein Schweizer Uhrwerk und legte immer so viele Schippen drauf, dass La Vitas Angriffsversuch im Keim erstickt wurde und nur zum Ehrenplatz reichte. Für 14.000 Euro ist der „Feuervogel“ vor zwei Jahren auf der Derby-Auktion in den Stall Germania geflogen; gewonnen hat die Googoo-Gaagaa-Tochter inzwischen 26.800 Euro. „Eine tolle Stute, die alles macht, was man will und sich immer weiter steigert. Wir werden noch viel Freude an ihr haben“, war des deutschen Champions euphorischer Kommentar.

    Henk Grifts Monté-Staffel räumt ab

    Das Monté-Derby wurde zum Schaulaufen zweier Traber aus dem Stall von Henk Grift, dessen ältere Franzosen seit Wochen für Angst und Schrecken im mit lukrativen Prämien gesegneten skandinavischen Monté-Sport sorgen. Für 20.000 Euro machte Corps et Ame mit dem seit Jahren der Liebe wegen in Schweden lebenden Franzosen Jonathan Carré einen Abstecher in den Süden, der von vollem Erfolg gekrönt war. Schwedens Dauer-Monté-Champion fackelte nicht lange, knöpfte dem mit Marlene Matzky wie der Blitz in Front gehechteten Monté-Debütanten Staccato HL die Führung ausgangs des ersten Bogens ab und stiefelte unbeirrt seinen zügigen Part herunter. Als Trainingskameradin Kate Baldwin ihm immer dichter auf den Pelz rückte, schaltete Corps et Ame einen Gang höher und setzte sich ganz leicht gegen die Siegerin der Derby-Monté-Meile vor 14 Tagen und den tapferen Staccato HL durch. 1:11,9 - schneller war lediglich Zauni 2019 in 1:11,5 am Ziel der Wünsche in dieser Prüfung, die sich Mariendorf 2013 zum 100. Geburtstag spendiert hatte.

    Mit einer Art Majestätsbeleidigung begann das lediglich zehn Rennen umfassende Menü: Katharina Kramer und Pergamon S, der nichts mehr von früheren Gangartproblemen verriet, wehrten stramm vorneweg die erste Attacke des bei 10:10 zum Geldwechselkurs mit Michael Nimczyk angetretenen Tipps des Tages Torri vor den Tribünen ebenso frech ab wie Versuch zwei, das Blatt im Einlauf doch noch zu zwingen. Bei bestem Rekordwetter von 26 Grad verbesserte Pergamon S seine Hausmarke um 0,5 Sekunden auf 1:13,0.

    Ein resoluter Antritt von der „8“, der sie ratzfatz an die Spitze führte, war der Grundstock für die zur großen Favoritengruppe zählende Nadia C Boko, die das vierte Handicap de Luxe des Meetings ganz locker auf ihre Kappe brachte. Ehe die Konkurrenz auf dumme Gedanken kommen konnte, fuhr Erwin Bot 400 Meter vorm Ziel mit der Stute der Gerrits Recycling Group entschlossen ab und holte in Windeseile einen derart großen Vorsprung heraus, dass sie auch vom prima nachsetzenden Lord Greenwood nicht mehr einzufangen war.

    Bis zur Linie - und wegen einer Überprüfung noch einige Minuten danach - extrem spannend ging’s in der Anfängerklasse zu, in der sich Rudolf Hallers Wyanet und Michel Rothengatters L’As Atout über die gesamte Zielgerade einen beherzten Fight bis zur Linie lieferten, der um einen Hauch zugunsten der kleinen Schwester von Uccellone und Teatox ausging.

    Der Rausschmeißer vor der Derby-Jährlingsauktion war ärmeren Franzosentrabern vorbehalten und wurde zur sonnenklaren Angelegenheit für Késio, obwohl der mit einem Fehler begann und 20 Meter verlor. „Ich hoffte ab dem Moment, doch noch zu gewinnen, als er wieder trabte, denn im Training hat er mich voll überzeugt und war auch schon bei Robert Pletschacher prima in Schuss“, sollte Thorsten Tietz zwei Minuten später im Winner Circle berichten. Er ließ sich von Ganivet de Belvie durch die Außenspur ziehen, parkte im Schlussbogen im Halbschatten des führenden Krikri du Flot ein und zog im Einlauf grußlos an dem Fuchs vorbei.


    Auch weil die sonst so zugkräftige V7+-Wette zu wenige Anhänger fand, senkte sich der Umsatz von 34.553 Euro, die im vorigen Jahr pro Rennen gedreht wurden, auf 31.329 Euro ab. Umsatz bei 10 Rennen: 313.291,91 Euro (incl. 131.226,71 Euro Außenumsatz), davon 24.667,80 Euro in der V7+-Wette; Vorjahr: 483.746,14 Euro bei 14 Rennen, davon 31.273,80 Euro in der V7+-Wette