Internationale Derby-Meisterschaft der Amateure: Berliner Schmied düpiert Welt- und Europameister
Sebastian Gläser feiert mit der Stute Samba Pa Ti den wohl wichtigsten Sieg seiner Sportlerkarriere – Bruno-Cassirer-Rennen: Yes Please im Winner Circle – Villeneuf ist der „Marathon-Mann“ – Veronika Porsova in der Junioren-Meisterschaft – V7+-Wette nicht getroffen – Dies führt zu einer Garantieauszahlung von 100.000 Euro am Derby-Finaltag
(MW) Im Fokus des vierten Meeting-Tages standen
die Amateure mit der seit 2012
ausgetragenen Internationalen
Derby-Meisterschaft, aus deren zwei Vorläufen sich die jeweils besten Fünf
fürs mit 25.000 Euro dotierte Finale qualifizierten. Seine ganze Routine und Klasse
spielte Welt-, Europa- und österreichischer Staatsmeister Thomas Royer in Vorlauf 1 mit My Way Fortuna aus. Mit dem von Josef Franzl präparierten Hengst
wartete der Chef vom Hotel Rösslhof nervenstark bis ausgangs der letzten Kurve,
und dann flog der Dunkelbraune an allen vorbei, ohne sich sonderlich anstrengen
zu müssen. My Girl, die lange den Takt vorgebende ELUISE, Nesaia und Rushida
mussten drei Stunden später ebenfalls noch mal ran.
Dem
Österreicher keinen Millimeter nach stand im 2. Qualifier Belgiens Piet van Pollaert, der auch schon Welt- und
Europachampion war und nicht selten sogar auf französischen Hochzeiten gegen
die Profis tanzt. Mit dem frischgebackenen Silberserie-Sieger Orkan Bo hatte er mit der „8“ eine
ebenso mäßige Ausgangslage wie zuvor Royer - und erledigte die Pflicht genau
anders herum. Er verschrieb dem Fuchs ein offensives Regime, durfte eine Runde
vor Schluss von Russel die Regie übernehmen und hatte fortan bis zum Ziel alles
mit Augenmaß unter Kontrolle. Sir Robert, die speedige Samba Pa Ti, Russel und
Perfect Dream begleiteten den SJ’s-Caviar-Sohn ins Finale.
Nichts
wurde es dort über nunmehr 2.500 Meter mit dem dritten Eintrag Royers bzw. dem
ersten van Pollaerts ins Geschichtsbuch dieses wertvollsten Amateurfahrens der
Republik. Eine Berliner Stute strafte alle Experten gründlich Lügen, obwohl es
unterwegs schwer nach einem Zweikampf der Giganten roch. My Way Fortuna gab den
Takt vor, Orkan Bo kontrollierte ihn über die Außenspur - es schien ausgemachte
Sache zwischen den bei 19 und 29:10 gehandelten Favoriten. Eine hatte jedoch
gründlich etwas dagegen. Als Sebastian Gläser Schlusslicht Samba Pa Ti 800 Meter vorm Ziel in dritter Spur Beine machte, gab’s
kein Halten mehr für die von seinem Vater Andreas vorbereitete Stute. Eisern
zog sie in der Frischluft-Spur voran, erreichte My Way Fortuna an der letzten Ecke, schickte ihn in einem
heißen Finish 80 Meter vorm Ziel endgültig auf die Verliererstraße und zog die
ebenso überraschende My Girl zu Platz zwei mit. Orkan Bo war da als Vierter
längst kein Siegthema mehr.
„Stark
war sie schon immer, nur hatte sie oftmals wenig Fortune im Rennen, und auch
heute sah es nicht gut aus, weil ich an der Innenkante gelandet bin. Irgendwann
musste ich losfahren und habe darauf vertraut, dass sie das durchstehen würde“,
gestand er sehr gefasste Berliner Schmied, der schon mal Berliner
Amateurchampion war und im Vorjahr mit Russel das Fritz-Brandt-Rennen gewonnen
hat. Manchmal geht das Schicksal seltsame Wege: Eigentlich sollte Besitzer
Stefan Marcinkowski den Hit der Latin-Rock-Band Santana, die er auf der
Derby-Auktion 2020 für überschaubare 8.000 Euro ersteigert hatte, selbst
fahren. Doch dann fehlte die obligatorische Haftpflichtversicherung, und
Sebastian, für den dieser 133. Sieg zum bedeutendsten der Laufbahn wurde,
sprang ein. „Wer weiß, wo ich mit ihr gelandet wäre. Basti hat das überragend
gemacht“, gestand der Besitzer, der sich über einen Konto-Zuwachs von 12.500
auf 49.888 Euro freuen konnte.
Veronika Porsova die Beste der Junioren
Eine
große Bühne bekam zudem der Fahrernachwuchs mit der in zwei Läufen
entschiedenen Derby-Junioren-Meisterschaft.
Lauf 1 hatte die Lasbekerin Theresita mit Hollands auf dem Nobel-Gestüt arbeitenden
Marco Spin in jenem Moment in der
Tasche, als im Schlussbogen mehrere Gespanne zusammenhingen und einen Sturz
knapp vermeiden konnten. Die Muscle-Hill-Tochter war gegen ihren zwischendurch
hartnäckigen Herausforderer Laith H Boko mit Bayerns Lukas Strobl am Ende
meilenweit voraus. Ohne Zwischenfälle ging Lauf
2 an die formlose Destiny Venus,
die ihr letztes Rennen vor 15 Monaten gewonnen hatte. Eine langsame Phase
nutzte Veronika Porsova entschlossen
und wuchtete die Stute 1.000 Meter vorm Ziel an die Spitze, wo sie sich
deutlich voraus die Butter nicht mehr vom Brot nehmen ließ und bei einer
Siegquote von 227:10 auch die V7+-Wetter ordentlich schockierte. Das bedeutete
für die junge Pragerin, die in ihrer Heimat bereits über 40 „Winner“ gesteuert
hat, den ersten Deutschland-Sieg und zugleich jenen in der Gesamtwertung vor
Marco Spin und Kalle Krohmer.
Bei
30 Grad Celsius heizten zum Auftakt zwei Youngster die Stimmung an: Weit vor
dem Rest fochten zwei dreijährige, erstmals um Geld laufende Ladys in
sehenswerter Manier die erste Siegerschleife unter sich aus. Es war mal nicht
das Gestüt Lasbek, das mit einer Debütantin die Lorbeeren einheimste, auch
weil, wie Thorsten Tietz fair bemerkte, „Ulanova L.A. außen herum den etwas
weiteren Weg hatte. Beide Stuten haben einen tollen Job gemacht“ - seine Maharani GB von der Spitze weg ihrigen
den um eine Länge entscheidenden Tick besser.
Im
folgenden Treffen der Franzosen-Traber hatten die Kandidaten des zweiten und
dritten Bandes keine Chance, ihr Handicap über die geforderten zwei Kilometer
gegen entschlossen zu Werke gehende „Grundbändler“ zumindest für bessere
Prämien wettzumachen. Den von Christoph Fischer mit Esebio d’Ourville ab 500
Meter vorm Ziel angezettelten Fluchtversuch machte Verfolger Ido d’Agice mit Besitzer und Trainer
Bernd Schrödl im Einlauf Meter um Meter zunichte und hatte die Nase zum neunten
Mal in diesem Jahr genau dort vorn, wo abgerechnet wird.
Im
letzten Schnupperkurs für die Amateure vor ihrer Derby-Meisterschaft zeigte
Berlins Ex-Profichampion Daniel Wagner einmal mehr, dass er während der
jahrelangen Abstinenz vom Sulkysport nichts verlernt hat. Mit Favorit Ragnboneman Sb sah er sich Lucky
Lucianos Tempolauf aus dem dritten Paar außen bis zur letzte Ecke an, erteilte
seinem Wallach dort das „Go“- und der nahm flugs die Beine in die Hand und war
gegen Zyclon Diamant überlegene Ware.
Die
etwas älteren Stuten waren im 15.000 Euro wertvollen Bruno-Cassirer-Rennen gefragt, mit dem traditionell des Berliner
Verlegers, Züchters und Besitzers gedacht wird, der mit seinem Privatvermögen
den schon im ersten Jahr seines Bestehens 1913 insolventen Mariendorfer
Rennverein rettete und bis 1933 auch als Funktionär herausragende Positionen im
Trabrennsport bekleidete. Sah es lange danach aus, als solle Josef Franzl mit
der auf Lasbek geborenen 27:10-Chance Tracy bei deren erstem Bänderstart den
großen Pott abräumen, so wurde es auf den finalen 200 Metern doch noch zu einer
nervenzerreißenden Angelegenheit. Mit fünf Längen Vorsprung bog Tracy auf die
Zielgerade und schien das Ding bombensicher in der Tasche zu haben, bis Yes Please endlich in Freiheit und auf
Touren kam. Mit der bis zum letzten Jahr bei Berlin stationierten
Propulsion-Tochter machte Robbin Bot in Windeseile Meter um Meter wett, hatte
genau im Ziel die Nase vorn und bescherte dem erfolgsgewohnten Team Nimczyk den
ersten Treffer des Tages.
Nummer
zwei für Bot ließ nicht lange auf sich warten - diesmal fürs Quartier von Tim
Schwarma. Mit Cooper CG bestimmte er
früh das Handicap de Luxe und
bescherte dem Publikum passend zum Sponsor Berliner Kriminal-Theater wider
Willen einen echten Krimi. Ausgerechnet sein Schwager Michael Nimczyk quälte
ihn bis zum letzten Meter und verfehlte den Umsturz mit dem speedigen Kameraad
nur um Haupteslänge.
Mehr
Glück als Verstand hatte der haushohe Favorit Duke of New York, dass seine Weste auch beim dritten Auftritt weiß
blieb. Nach einem Sicherheitsstart aus der dritten Reihe kam er nur zögernd in
vordere Gefilde, wo Yadegar souverän Regie führte und mit Marciano Hauber im
Grunde schon im Winner Circle stand. Fünf Längen voraus warf der Wallach, der
Stuten-Derby-Siegerin Georgina Corner zur „Mama“ hat, 150 Meter vorm Ziel den
Sieg im Galopp weg, den Glücksmorchel Mario van Dooyeweerd dankend aufsammelte.
Derby-Marathon mit
Symbolkraft
Ein
Tag in Mariendorf ohne Sieg - das konnte Deutschlands 13facher Goldhelm nicht
auf sich sitzen lassen. Im über die bis 1978 gültige Derby-Distanz von 3.200
Metern - letzte Siegerin war die grandiose Ada - führenden Derby-Marathon begann Michael Nimczyk mit Villeneuf als Einziger
von der Grundmarke. Im ersten Bogen ließ er Ito vorbei, der fortan um die 2½
Runden führte und einen Kilometer vor Ultimo von Edy du Pommereux
herausgefordert wurde. Der trabende Geldschrank hatte den Tempomacher in der
letzten Biege schwer am Wickel und schien deutlich auf der Siegerstraße.
Romanze, Lawrence Boko und Teatox wimmelte er locker ab, gegen Schlitzohr
Michael Nimczyk und Villeneuf stand
er auf den finalen 150 Metern hingegen auf verlorenem Posten. Was konnte es
Symbolischeres geben: Villeneufs Erzeuger Nu Pagadi hat das deutsche Derby 2008
gewonnen - wie Villeneuf für den Stall For Pleasure.
Im
Vergleich zum Vorjahr, als rund um die Fahrer-Weltmeisterschaft der Profis nur
zehn Rennen ausgetragen worden waren, sank der Umsatz pro Rennen marginal von 29.578 auf 29.116 Euro, obwohl der
Motor in der V7+-Wette dank eines 22.332-Euro-Jackpots mit 64.418 Euro auf
Hochtouren brummte. Da niemand alle sieben Sieger auf einen Schein bekam, ergab
sich zur Freude des Veranstalters ein Triple-Jackpot von 56.922,6 Euro, der am
Derby-Sonntag auf die Super-Spürnasen wartet. Dort wird es dann auch eine
garantierte Mindestauszahlung von 100.000
Euro geben
Umsatz bei 12 Rennen: 349.386,74 Euro (incl. 195.824,84 Euro Außenumsatz), davon 64.418,10 Euro in der V7+-Wette; (Vorjahr: 295.779,74 Euro bei 10 Rennen, davon 42.039,90 Euro in der V7+-Wette)