Souveräne Siegerinnen
Die Stutenderby-Vorläufe: Michael Nimczyk mit Croisette und Naikey glasklar – Nightlife Greenwood und Speedrise Lady S mit 1:13,0 einen Tick zügiger – Seaven Seas S und Sahara Firebird in den Auktionsrennen – Tantris und Torri bei den Newcomern gleichauf – Monté-Meile an Kate Baldwin in Tagesbestzeit – Sechs Trainer-Punkte für Wolfgang Nimczyk – V7+ nicht getroffen: Am 16. August wartet nun ein riesiger Jackpot
(MW) Auf dem richtigen Dampfer waren die Experten der Setzkommission, was die vier Vorläufe zum Stuten-Derby anbelangte: Lediglich die zum Schluss müde werdende Whispering Angel wurde ihren Ansprüchen nicht gerecht und erreichte als Dritte ihres Vorlaufs den Endlauf-Hof nur mit Mühe und Not. Das übrige Trio verbreitete eitel Sonnenschein und ließ durchweg nicht das geringste Fitzelchen in Sachen Vorlauf-Sieg anbrennen, wobei die Zeiten zwischen 1:13,0 und 1:13,7 durchweg nicht weit auseinanderlagen..
Ihrer bei 12:10 extremen Favoritenstellung überaus gerecht wurde in Vorlauf 1 die gesetzte Croisette, die nach dem frühen Fehler der mit Riesenschritten ins Kommando gedüsten Lady Gracia Heldia die Spitze erbte. Michael Nimczyk musste mit der Stute des seit Jahrzehnten im Trabrennsport involvierten Stalles Express nicht mal Express-Tempo vorgeben, um die Vorhersagen der Auguren überlegen vor Time Matters und Riesenaußenseiterin Lake Louise zu verwandeln, die als lachende Dritte auch deswegen ins Finale rutschte, weil neben Lady Gracia Heldia auch Achy Breaky Heart und Sahara S rote Karten sahen. 1:13,7 lautete der erste Richtwert der auch beim sechsten Saisonstart unbezwingbaren Muscle-Hill-Tochter.
Zum Geldwechsel-Kurs von 10:10 trat in Elimination 2 die gesetzte Naikey an, und auch sie ließ weder Experten noch riesige Anhängerschar im Regen stehen. Am Start von Michael Nimczyk etwas zurückgehalten, wartete sie ab, bis ihre Trainingskameradin Noble Rush Flevo im Rush an die Tête geflitzt war, machte sich dann auf den Weg nach vorn, durfte ausgangs der ersten Kurve das Zepter übernehmen und ließ sich eine Runde später durch den Schlussangriff Noble Rush Flevos nicht mehr aus der Fassung bringen. In 1:13,3 war der zweiten Saisonsieg unter Dach und Fach, bei dem die Ohrenwatte drin blieb. New Born Steel, immer ein bisschen zwischen erster und zweiter Spur pendelnd, machte ohne Chancen auf mehr das Podest und damit das Finale fix.
Kopf stand der Toto nach Vorlauf 3, obwohl lange alles nach einem souveränen Erfolg der gesetzten Whispering Angel aussah. Mit der 13:10-Favoritin konnte Josef Franzl ohne große Widerrede für die finalen 1.000 Meter ins Kommando und fortan alles nach Belieben kontrollieren. Noch besser sah es für die nobel gezüchtete Indra-Comtesse-Stute aus, als ihre unmittelbare Verfolgerin South Carolina AS im Schlussbogen stolperte, sprang und für einige Verwirrung sorgte. Ruckzuck war Whispering Angel auf ein paar Längen weg - doch zu früh gefreut. Während ihr auf den letzten 100 Metern mehr und mehr die Luft ausging, wurden Nightlife Greenwood und Cosmea erst richtig munter und fochten einen mitreißenden Strauß aus, der nach 1:13,0 knapp zu Gunsten der von Jaap van Rijn für Erwin Bot und die Gerrits Recycling Group meisterlich gesteuerten Brillantissime-Tochter ausging und das Fähnlein der aufrechten V7+-Wetter als 219:10-Longshot auch in der dritten Runde enorm lichtete.
Nichts, aber auch gar nichts zu deuteln gab’s in Vorlauf 4 am Sieg von Speedrise Lady S, die den mit Abstand schwierigsten Rennverlauf aller Sieben hatte. Michel Rothengatter ließ die zuweilen höchst kapriziöse Walner-Tochter an der „1“ extrem vorsichtig beginnen und baute zur von Never Ever Newport gebildeten Spitze rund 30 Meter Rückstand auf, wie bei der Kameraperspektive nur halbwegs sicher zu schätzen war. Nach 200 Metern hatte sie ihren Takt gefunden, und los ging die Aufholjagd durch die dritte Spur. Einen Kilometer vorm Ziel war sie an der Flanke der Tempomacherin, 400 Meter weiter vorbei und ließ niemanden mehr in ihre Nähe. Exmes As und Habibii, die ihr in zweiter Spur gefolgt waren so gut es eben ging, holten die letzten Plätze fürs Finale, für das Michel Rothengatter nach dieser Gala die Favoritenrolle annahm: „Sie ist bärenstark. Ich muss nur am Start ein wenig aufpassen und darf nicht zu viel von ihr verlangen,“ und das wird dann von „Rampe 4“ sein, wie die Auslosung ergab. Mit 1:13,0 rammte sie in Anbetracht des Runs über weite Wege einen unübersehbaren Pflock ein.
Zwei Sieger bei den Newcomern
Das Finale der seit März in Mariendorf ausgetragenen Newcomer-Serie wurde eine runde Angelegenheit für Deutschlands Dauer-Trainerchampion Wolfgang Nimczyk, in dessen Quartier die ersten beiden Prämien und mithin 13.200 der ausgelobten 20.000 Euro wanderten. Michael Nimczyk verdrängte im Scheitel der ersten Kurve Louen de Bellouet von der Spitze und überließ für die Schlussrunde Torri mit seinem Schwager Robbin Bot die Regie. Schon 400 Meter vorm Ziel war klar, dass die Entscheidung nur zwischen den beiden auf dem Gestüt Lasbek geborenen, ins schwedische Gestütbuch eingetragenen Wallachen lag. Eigentlich hätte sich Deutschlands Goldhelm mit dem sicheren zweiten Platz abfinden können, aber wegen unterschiedlicher Besitzerinteressen - hier Werner Pietsch, dort der Stall Tippel Tom - machte er Tantris mächtig scharf. Im freundschaftlichen Kampf bis zur Linie vermochte auch die Foto-Technik keinen Sieger auszumachen. „Geteilte Freude ist doppelte Freude“, war Robbin Bots bündiges Fazit.
Auktionsrennen
An all jene 87 Jährlinge, die 2022 in Katalog der Derby-Auktion gestanden hatten, wendete sich das nach Geschlechtern getrennte Auktionsrennen. Bei den Hengsten und Wallachen landete Erwin Bot als Ausbilder für die niederländische Gerrits-Recycling Group einen veritablen Doppelschlag, wobei die Trainingsgefährten am Ende nicht viel trennte. Grundlage für den dritten Karrieresieg von Seven Seas S, einst für 110.000 Euro aus dem Ring gegangen und nun 17.407 Euro reich, war Robbin Bots Entschlossenheit, mit dem Chapter-Seven-Sohn früh außen herum zu dampfen, was ihm nach 800 Metern die Führung bescherte. Erst am Ende wurde es ein bisschen knapper gegen Force of Nature, der sich mit Schwedens Spitzenprofi Stefan Persson bis auf einen „Hals“ heran raufte.
Bei den 2021 geborenen Stuten zeigte sich die erst in dieser Saison ins Renngeschäft eingestiegene Sahara Firebird nicht als Feuerstuhl, sondern als eine äußerst pflegeleichte, trabsichere Lady, die auch beim vierten Start ihre weiße Weste behielt - und das trotz eines Marschs überwiegend durch die Todesspur, den ihr der insgesamt vier Treffer setzende Michael Nimczyk gegen Bumblebee S voller Zuversicht aufdrückte. 250 Meter vorm Ziel zog die Googoo-Gaagaa-Tochter die Daumenschrauben kräftig an, als ob sie zuvor nur locker gejoggt wäre. Nachdrücklich unterstrich die Schwarzbraune, dass Gutes nicht allzu teuer sein muss. 14.000 Euro hat der Stall Germania der Familie Lehner für sie berappen müssen; mit 19.300 Euro hat sich die Investition bestens amortisiert.
Trabreiten in Tagesbestzeit
Eine hart umkämpfte Angelegenheit wurde die mit 10.000 Euro dotierte Monté-Meile, bei der Titelverteidiger General Lee zur Hälfte des Weges im Galopp ausfiel. Lange wehrte sich Önas Nougat in einem mitreißenden Gefecht gegen die aus seinem Windschatten wuchtig angreifende, in vielen französischen Trabreiten gestählte Kate Baldwin, für die sich auf den letzten 50 Metern die Waage etwas deutlicher zu ihren und ihres Reiters Charly Bouteiller Gunsten neigte. Mit 1:11,7 verfehlte die Stute des Stalles Habo den fünf Jahre alten Monté-Bahnrekord von Zauni und Ronja Walter nur um zwei Zehntelsekunden.
Euritmico Jet wie ein Düsenjäger
Schwer beschäftigt waren die Amateure, die vier Prüfungen vor der Brust hatten. Höhepunkt für den „Nachwuchs“, der durchaus etwas älter sein, aber nicht mehr als 24 Rennen gewonnen haben durfte, war das 2023 erstmals ausgetragene Dambos-Erster-Rennen, das an den 41fachen Sieger erinnert, mit dem Deutschlands Besitzerchampionesse Karin Walter-Mommert 1998 das Fritz-Brandt-Rennen gewonnen hat. Vorlauf 1 für die etwas ärmeren Vierbeiner klinkte sich trotz ständiger Todesspur ein brillant aufgelegter Euritmico Jet ein. Der gebürtige Italiener hatte gegenüber dem vom Fleck weg führenden MacMcManaman den etwas besseren Rhythmus, schubste ihn auf den letzten Metern vom Siegerpodest und bescherte Romina Geineder für 126:10 den vierten Sieg ihrer Karriere auf einer der sogenannten A-Bahnen. Den ziemlich einsamen Duellanten folgten Nadyha, Rajah und Camino ins Finale, das aus Vorlauf 2 Canavaro Viking mit der ihren zweiten Sieg feiernden Sabrina Widmann im Hurra-Stil erreichte. Einen Kilometer lang ließ sie sich von Shanty leiten und ging dann in die Vollen. Im Nu war der „Wikinger“ an der Stute vorbei und baute ruckzuck einen Riesenabstand zu den Verfolgern auf, der bis ins Ziel kaum kleiner wurde. Weit zurück komplettierten in dieser Reihenfolge Welcome, Charmane, Hanni Holmsminde und Lorenzo Idzarda den Endlauf. Einfach, kurz und schmucklos regelten Romina Geineder und Euritmico Jet das Finale dank eines Blitzstarts, der ihnen sofort die Spitze vor MacMcManaman bescherte. Das frisch geformte Dream-Team ließ niemanden mehr in seine Nähe und gewann, wie es in Mariendorf heißt, „hoch hoch überlegen“. „Der war perfekt vorbereitet und ging ab wie eine Rakete“, sprudelte es aus der begeisterten Romina heraus.
Der erste Startschuss fiel zu „High Noon“ bei bestem Rennbahnwetter - viel Sonnenschein und 22 Grad - für Lauf 1 des Kombi-Pokals, der von Amateuren bestritten wurde. Und die sorgten gleich mal für eine mittelprächtige Überraschung, weil sich 16:10-Favorit Uccellone in der permanenten Todesspur müde lief. Bis kurz vorm Ziel sah es bestens aus für Dan CG, der nach 800 Metern vor Russel das Kommando an sich gerissen hatte. Dann folgte der Konter durch den Berliner Schmied André Pögel, der Russel um ein paar Zentimeter vorbeischmiedete. 140 Minuten später im 2. Lauf mit Profis zeigte Uccellone sein wahres Gesicht, was von Startplatz „8“ durch das Fehlen von Romanze (6) und die Sofort-Ausfälle von Fantastic Foot (2) und Dan CG (7) deutlich einfacher wurde. Zwar ließ ihn auch Christoph Schwarz munter außen rum treten, konnte jedoch 1.100 Meter vorm Ziel die Führung übernehmen und sperrte den hinter ihm liegenden Russel clever so lange ein, dass dessen Umsturzversuch um eine halbe Länge ins Leere lief.
Im Derby-Pokal der Flieger lebte Höwings Cinderella bis Mitte der Zielgeraden von ihrem rasanten Antritt. Dann wurde sie zum Aschenputtel, was die Plätze eins und zwei betrifft. Die machten die sich durch die Außenspur raufenden Next Goodwin und Noche del Amor unter sich aus, wobei der vom holländischen Champ Jaap van Rin gesteuerte Vierjährige das beste Ende um einen „Hals“ für sich behielt.
Umsatz-Motor war die V7+-Wette, für die die Wetter rund 29.000 Euro springen ließen. Rang eins wurde nicht getroffen, so dass ein am Freitag, 16. August ausgespielter Jackpot von 22.332,10 Euro auf die Wagemutigen wartet.
Umsatz bei 14
Rennen: 270.318,30 Euro (incl. 161.010,90 Euro Außenumsatz), davon 29.290,80 Euro in der V7+-Wette
(Vorjahr: 342.130,60 Euro bei 14 Rennen, davon 38.040,40 Euro in der V7+-Wette)