WM der Professionals: Rick Ebbinge verteidigt den Titel mit Knautschen
Tagessieger Doug McNair Vize – Hanna Huygens zu Bronze – Bruno-Cassirer-Rennen: Prestigious LB im Express-Tempo – Beethoven Gar der härteste Marathon-Mann
(MW) Oranje boven auf dem Profi-Thron! Es war das
nach den vorigen Stationen in Wolvega, Gelsenkirchen und Mons letztlich
erwartete Szenarium: Zum zweiten Mal in der Geschichte der seit 1970
ausgetragenen World Driving Championship
der Professionals gelang es einem amtierenden Weltmeister, seine Würde zu
verteidigen. Was der unvergessene Ulf Thoresen 1981 vorexerziert hatte -
Norwegens Ausnahmekönner schmückte sich zudem 1973 und 1977 mit dem Titel -,
machte ihm Henricus Ebbinge nach,
der kurioserweise nur in den Rennberichten seines Heimatlandes mit diesem
Vornamen auftaucht. Ansonsten kennt alle Welt den Niederländer nur als „Rick“.
In die letzten fünf von den Machern der Derby-Bahn so stimmungs- wie liebevoll
inszenierten Wertungsläufe, zu denen die Reste von Gewitterzellen einen großen
Bogen um die Bahn im Berliner Süden machten und noch um 22.00 Uhr lauschige 23
Grad herrschten, war der große Schweiger mit dem gewaltigen Vorsprung von 33
Zählern auf den Australier Peter McMullen gegangen - vor allem dank seines
Glanztages auf Etappe zwei in Gelsenkirchen, wo er mit drei Siegen und zwei
Ehrenplätzen sagenhafte 74 Zähler kassiert hatte.
Durch,
wie viele ob der darum nachlassenden Spannung befürchtet hatten, war das Ding
jedoch noch lange nicht. Der derzeit im südschwedischen Halmstad mit 30
Schützlingen stationierte 39jährige hatte zwar von Hause aus verheißungsvolle Vierbeiner
zugelost bekommen, die ihn jedoch ein ums andere Mal im Stich ließen. Bei den
Plätzen sieben, sechs, vier und sieben war der schöne Vorsprung zum letzten
Lauf wie Eis in der Abendsonne auf magere zehn Punkte zum grandios auftrumpfenden
Doug McNair geschmolzen, und selbst Hanna Huygens, die rasch mit schneidigen
wie durchdachten Fuhren in die Herzen des begeistert mitgehenden Publikums
gebraust war, hatte beim ersten Auftritt einer Frau in dieser Männer-Domäne noch
theoretische Titelchancen.
Am
Ende hieß es dank eines sechsten Platzes mit dem hochgepriesenen Luv Lois
Schermer: Ende gut, alles gut für Ebbinge, der mit 24 Punkten eine ebenso
schmale Tagesbeute schlug wie der als Zweiter in den Finaltag gegangene
Australier Peter McMullen. Dementsprechend verhalten fiel das Resumee des alten
und neuen Champions aus: „Zufrieden bin ich mit dem heutigen Tag keineswegs.
Meine Pferde haben nicht so mitgespielt wie gedacht. Da galt es zum Schluss,
auf Ankommen und Punkte zu fahren.“ Weil die beiden ärgsten Verfolger nicht
mehr zum ganz großen Wurf auszuholen vermochten, ging der Titel dann doch recht
deutlich mit 163 zu 150 nach „Oranje“. Der belgische „Floh“ Hanna Huygens
landete nur deswegen auf Platz drei, weil sie im Gegensatz zum Vertreter der
Ahornblätternach den summa summarum 20 Wertungsläufen dreimal zur Siegerehrung
vorgefahren war. McNair, der mit 57 Zählern souverän die Tageswertung gewann, gelangen wie Ebbinge vier Treffer. Einen
ähnlich gebrauchten Tag wie der Holländer hatte Lokalmatador Michael Nimczyk,
der seine furiose Aufholjagd von Mons nicht fortsetzen konnte und mit 35 Tageszählern
auf Platz fünf verharrte.
Turbulent
ging’s im 16. Lauf zu, bei dem bis
in den Schlussbogen nichts von Loverboy
v Assum zu sehen war. Nach Eddy Freundts altem Spruch „hinten werden die
Enten fett“ verfuhr Douglas McNair,
der das Feld mit dem förmlich fliegenden Holländer von hinten aufrollte und
einen ganz leichten Sieg landete - den dritten im Wettbewerb, der ihm alle
Chancen auf einen Stockerlplatz eröffnete. Mit der Hymne „Thank God I’m a
country boy“ bedankte sich der „Maple Leaf“ bei dem fünfjährigen Hengst, dessen
Berliner Sieg vor 13 Tagen also keine Eintagsfliege gewesen war. Schlechte Karten
hatte Ebbinge mit Favorit Snooze, der nie richtig summte und nur Siebenter wurde.
Michael Nimczyk hingegen blieb mit Final Destinations fünftem Platz über den
Erwartungen.
Ähnlich
verlief Lauf 17, in dem Miodrag Pantic aus dem dritten Paar
außen dem Bayern Breeding of Hanke
die mit Abstand meisten Reserven entlockte. Dem derzeit in Frankreich
arbeitenden Serben gelang der zweite Treffer im Bewerb. Für den Ehrenplatz
musste sich Rodney Gatt mit der innen verhafteten Andrala weit nach außen
orientieren, wo er wie ein Malteser Falke zustieß und McNair und Nimczyk auf
die Plätze drei und vier verwies. Ebbinge betrieb mit Außenseiter Quarter
Hennessy Schadensbegrenzung und zirkelte ihn aus strengster Defensive zu Rang
sechs.
Kurzen
Prozess mit ihren männlichen Kollegen machte anschließend Hanna Huygens. Mit dem vor Ort von Rolf Hafvenström trainierten Readly Passion flog sie vor Marcel und
Höwings be My Lady in Front. Der Angriff ihres Hintermannes perlte am Sohn des
Prix-d’Amérique-Siegers Readly Express locker ab. Mit Platz vier von Höwings be
My Lady hinter dem speedigen Klaassen Boko, der auch Peter McMullen weiter im
Spiel um einen Treppchen-Platz beließ, gelang Ebbinge die bis dahin beste
Platzierung, während es für Michael Nimczyk mit der hochgehandelten Lola Vici
trotz perfekten Vortrags nur zu Platz sieben reichte.
Sofort
in Front fahren und niemanden mehr vorbei lassen - mit der simpelste aller
Taktiken wurde „Country-Boy“ Doug McNair
dank eines an Rampe „3“ bestens postierten und verdammt gut aufgelegten Rolfi endgültig zum Mann des Berliner
Abends und rückte Ebbinge, der ihm mit Ole Bo nach 700 Metern auf den Zahn
fühlte und dann doch nur Siebenter wurde, auf Schlagdistanz auf die Pelle, so
dass die Entscheidung um den WM-Titel tatsächlich erst im letzten Lauf fiel.
Auch Hanna Huygens, der Iamtheonewhoknocks Ende der Startgeraden aus dem takt
geriet, rasch wieder auf Vordermann gebracht wurde und sich noch auf Platz fünf
raufte, hatte noch theoretische Titelchancen.
Im
Finale grande lief es am Ende ziemlich gegen Ebbinge, der mit einem
Gewaltmarsch Luv Lois Schermer zwar für den letzten Kilometer gegen den sofort
nach vorn gespritzten Di Ospeo auf
der Kommandobrücke installierte, an der letzten Ecke jedoch hinter einem
geschlagenen Pferd saß. Die Rückstufung vom ersten auf den fünften Platz am 6.
August stellte Di Ospeo gründlich richtig. Santtu
Raitala fand das Schlupfloch ohne Schwierigkeiten und feierte mit dem
Wallach einen souveränen Sieg gegen Jo Jo Harley, mit dem der deutsche Goldhelm
einen verdeckten Run in den versöhnlichen Ehrenplatz-Abschluss ummünzte.
Los
ging die Zehn-Rennen-Karte mit dem Sturz des glasklaren 14:10-Favoriten in
Runde vier des Derby-Pokal der Amateure.
Joni d’Azur waren die drei Tage Pause nach dem Kraftakt im Gelsenkirchener
WM-Lauf wohl doch etwas zu kurz. Außen herum streckte der von Britt Grift
gesteuerte Wallach zu Beginn der Zielgeraden die Nase zwar in Front, doch aus
seinem Windschatten schlug im „Amazonen-Kampf“ Nachwuchsstar Emma Stolle mit Laith H Boko kurz und trocken zu.
Auch die nächste „Bank“ brach krachend zusammen, und das bereits am Start des den Stuten vorbehaltenen Bruno-Cassirer-Rennens, mit dem traditionell an den Verleger, Züchter und Besitzer erinnert wird, der mit seinem Privatvermögen den schon im ersten Jahr seines Bestehens 1913 insolventen Mariendorfer Rennverein rettete und bis 1933 herausragende Positionen im Trabersport bekleidete. Für 13:10 vermasselte Saluti, die Unerfahrenste des Septetts, bereits in der Startphase alles im Galopp. Ein gefundenes Fressen für Co-Favoritin Prestigious SB, die Michael Nimczyk 1.100 Meter vorm Ziel aus der windschattigen Position hinter Tempomacherin Ma Bonheur nach außen steuerte und kein Problem hatte, mit der Fuchsstute des Stalles Express den Schlussangriff Meghan Bokos abzuschmettern.
Im
dritten Anlauf schnackelte es endlich für den Toto-Favoriten, der erstmals in
dieser Saison am Start war und gleich für seine neuen Besitzer Ulrich Mommert
und Karin Walter-Mommert zuschlug. Was unterwegs nach einem lockeren Walkover
des sofort stramm nach vorn strebenden Buncio
CD aussah, wurde dann aber doch eine knappe Kiste gegen den unermüdlich
attackierenden Campino, der nur um Haupteslänge das Nachsehen hatte. Michael Nimczyk hatte sich für die
WM-Läufe richtig warm gefahren…
Perfekt
trug Tom Karten in Lauf fünf des Derby-Pokal der Amateure seinen Perfect Dream vor. Mit Startplatz „11“ hinterm
Startauto in die zweite Reihe verbannt, landeten die Beiden im fünften Paar
außen. Ein erster Zwischenspurt brachte das Gespann um zwei Positionen voran.
Eiskalt baute Karten seinen Wallach im Schlussbogen noch mal auf, um dann auf
der Zielgeraden umso eindrucksvoller Gas zu geben. Für den noch gar nicht so
lange aktiven derzeitigen Zweiten der Amateurrangliste war’s der 70. Treffer,
für seinen vierbeinigen Partner Numero sieben der Karriere.
Beethovens Ode macht
Freude
Ein
exzellenter Bänderstart im über 3.200 Meter führenden Derby-Marathon, der bis 1978 gültigen Derby-Distanz, war für den in
Italien geborenen Beethoven Gar die
halbe Miete. Wahl-Berliner Thorsten
Tietz teilte dem Sohn des einstigen Weltrekordlers Varenne die lange Strecke
brillant ein, was ihm umso leichter fiel, weil er ungestört seine Kreise ziehen
durfte. Die ganze Miete war drin, als Favorit Ol Dono Lengai 600 Meter vorm
Ziel aus dem Tritt kam. „Den Rest hat er von allein gemacht. Er wird im Alter
immer besser, hat uns aber in jungen Jahren auch viele gesundheitliche Sorgen
bereitet“, analysierte sein Chauffeur und Mitbesitzer nach dem
15.000-Euro-Match nüchtern und stringent wie immer. Daran konnte auch Michael
Nimczyk mit dem sich nach zehn Monaten Pause prächtig zurückmeldenden Lancaster
nichts ändern.
Der letzte Blick gilt wie immer dem Umsatz: Mit 29.578 Euro pro Rennen wurden rund 2.400 Euro mehr als im Jahr 2022 gedreht, als im Schnitt der damals 13 Rennen 27.140 Euro flossen. Motor war einmal mehr die V7+-Wette, die 11.500 Euro mehr als vor Jahresfrist generierte.
Umsatz bei 10 Rennen: 295.779,74 Euro
(incl. 149.533,64 Euro Außenumsatz), davon 42.039,90
Euro in der V7+-Wette; Umsatz PMU (10. Rennen): 112.620,46 Euro. (Vorjahr: 352.819,78
Euro bei 13 Rennen, davon 28.499,10 Euro
in der V7+-Wette)
Ergebnis der World Driving
Championship der Professionals
Platzierung - Fahrer - Nation - Siege – Punkte
1. Henricus Ebbinge Niederlande 4 163
2. Douglas McNair Kanada 4 150
3. Hanna Huygens Belgien 3 150
4. Santtu Raitala Finnland 2 145
5. Michael Nimczyk Deutschland 1 132
6. Peter McMullen Australien 2 130
7. Jordan Ross USA 1 118
8. Blair Orange Neuseeland 1 107
9. Miodrag Pantic Serbien 2 103
10. Rodney Gatt Malta - 78